Die heute als Designhaus genutzte Villa diente in den Jahren ihrer Existenz durchaus unterschiedlichen Zwecken. Ursprünglich als Privathaus erbaut, wurde das Gebäude im Eugen-Bracht-Weg 6 während der NS-Zeit für einige Jahre vom Reichssicherheitsdienst genutzt.
Nach einem Bombenangriff wurde es zur Lagerstätte für noch erhalten gebliebene Akten der Gestapo sowie des SDs, wie z.B. beschlagnahmtes Schriftmaterial der Jüdischen Gemeinde, der Freimaurerlogen und anderer Verbände (Alldeutscher Verband, katholische Organisationen). Mit meinem Projekt wollte ich diesen Teil der Geschichte des Eugen-Bracht-Weg 6 aufgreifen.
Für die Ausstellung nutzte ich einen Aktenschrank mit Hängeregister, der sich schon in den Räumlichkeiten des Kellers befand. Ich nutzte die Vorrichtung und tippte mit der Schreibmaschine 548 Namen deportierter Darmstädter mit den Geburtsdaten und Sterbeorten auf jeweils ein Blatt und sortierte sie alphabetisch. Der freigebliebene Weißraum auf den Blättern sollte als nicht zu vereinnahmende Leerstelle den mit Text beschriebenen polizeilichen Akten der Gestapo und des SDs gegenübergestellt werden. Der Weißraum verweist sowohl auf der imaginativen Ebene auf das individuelle Schicksal des Einzelnen, als auch auf die immer noch zu bearbeitenden Biografien zahlreicher deportierter Darmstädterinnen und Darmstädter. Von den 548 bereits bekannten Deportierten konnte die Darmstädter Geschichtswerkstatt bereits 34 Biografien aufarbeiten. Diese sind in meinem Archiv speziell markiert und können durchgelesen werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Aktenschranks fand der Besucher Portraits derjenigen, die durch ihre Position für die Deportationen aus Darmstadt mitverantwortlich waren. Die Gesichter wurden mittels Collagetechnik deformiert und die Größe der Bilderrahmen soll hier die früheren Großen noch einmal ganz klein zeigen. Der Ausstellungsraum enthielt ebenso Informationen zur Geschichte des Hauses sowie Kurzbiografien der dargestellten Gestapo- und SD-Anhänger. Das Archiv sollte ein Raum sein, indem sich der Besucher eigenständig bewegen kann, der Aktenschrank sollte geöffnet und die Akten eingesehen werden können.